Franz Kafka

Friday, June 3, 2016

"Entlarvung eines Bauernfängers," by Franz Kafka: "Unmasking a Confidence Trickster," English version. "Entlarvung eines Bauernfängers -- Unmasking a Confidence Trickster," by Franz Kafka, translated in English, with Original Text in German


An official picture of Franz Kafka, Prague, early 1900's

Unmasking a Confidence Trickster


Finally, about ten o'clock at night, I came to the doorway of the stately house where I was invited to spend the evening, after the man beside me, whom I was barely acquainted with, and who, unexpectedly, had once again reconnected with me, and pulled me around for two long hours in the streets.
“So!” I said, and clapped my hands to indicate that I really had to bid him goodbye. I had already made some less explicit attempts. I was already quite tired. “Are you going up now?” he asked. I heard a sound in his mouth that was like the grinding of teeth.
“Yes.”
I was invited, I had told him already. But I was invited to go up a house where I would have liked to be, not to stand here at the street door looking past the ears of my counterpart. And now, become silent with him, as if we were due to stay for a long time on this spot. Thereby also the houses around took part in our silence, and the darkness above them, all the way up to the stars. And the steps of invisible passers-by, whose paths one had no interest to guess, the wind persistently patting the other side of the street, a gramophone that was singing behind the closed windows of some room—they all let themselves be heard in this silence, as if it were their own possession, always and forever.
And my companion acquiesced in his own name and - with a smile - in mine too, he stretched his right arm up along the wall and leaned his face on it, closing his eyes...
See below for Full Text translation:
 "The Tales of Franz Kafka: English Translation With Original Text In German," available as e-book on Amazon KindleiPhone, iPad, or iPod touchon NOOK Bookon Kobo, and as printed, traditional edition through Lulu.  

Entlarvung eines Bauernfängers




Endlich gegen zehn Uhr abends kam ich mit einem mir von früher nur flüchtig bekannten Mann, der sich mir diesmal unversehens wieder angeschlossen und mich zwei Stunden lang in den Gassen herumgezogen hatte, vor dem herrschaftlichen Hause an, in das ich zu einer Gesellschaft geladen war.
»So!« sagte ich und klatschte in die Hände zum Zeichen der unbedingten Notwendigkeit des Abschieds. Weniger bestimmte Versuche hatte ich schon einige gemacht. Ich war schon ganz müde. »Gehn Sie gleich hinauf?« fragte er. In seinem Munde hörte ich ein Geräusch wie vom Aneinanderschlagen der Zähne.
»Ja.«
Ich war doch eingeladen, ich hatte es ihm gleich gesagt. Aber ich war eingeladen, hinaufzukommen, wo ich schon so gerne gewesen wäre, und nicht hier unten vor dem Tor zu stehn und an den Ohren meines Gegenübers vorüberzuschauen. Und jetzt noch mit ihm stumm zu werden, als seien wir zu einem langen Aufenthalt auf diesem Fleck entschlossen. Dabei nahmen an diesem Schweigen gleich die Häuser ringsherum ihren Anteil, und das Dunkel über ihnen bis zu den Sternen. Und die Schritte unsichtbarer Spaziergänger, deren Wege zu erraten man nicht Lust hatte, der Wind, der immer wieder an die gegenüberliegende Straßenseite sich drückte, ein Grammophon, das gegen die geschlossenen Fenster irgendeines Zimmers sang, — sie ließen aus diesem Schweigen sich hören, als sei es ihr Eigentum seit jeher und für immer.
Und mein Begleiter fügte sich in seinem und — nach einem Lächeln — auch in meinem Namen, streckte die Mauer entlang den rechten Arm aufwärts und lehnte sein Gesicht, die Augen schließend, an ihn.
Doch dieses Lächeln sah ich nicht mehr ganz zu Ende, denn Scham drehte mich plötzlich herum. Erst an diesem Lächeln also hatte ich erkannt, daß das ein Bauernfänger war, nichts weiter. Und ich war doch schon monatelang in dieser Stadt, hatte geglaubt, diese Bauernfänger durch und durch zu kennen, wie sie bei Nacht aus Seitenstraßen, die Hände vorgestreckt, wie Gastwirte uns entgegentreten, wie sie sich um die Anschlagsäule, bei der wir stehen, herumdrücken, wie zum Versteckenspielen und hinter der Säulenrundung hervor zumindest mit einem Auge spionieren, wie sie in Straßenkreuzungen, wenn wir ängstlich werden, auf einmal vor uns schweben auf der Kante unseres Trottoirs! Ich verstand sie doch so gut, sie waren ja meine ersten städtischen Bekannten in den kleinen Wirtshäusern gewesen, und ich verdankte ihnen den ersten Anblick einer Unnachgiebigkeit, die ich mir jetzt so wenig von der Erde wegdenken konnte, daß ich sie schon in mir zu fühlen begann. Wie standen sie einem noch gegenüber, selbst wenn man ihnen schon längst entlaufen war, wenn es also längst nichts mehr zu fangen gab! Wie setzten sie sich nicht, wie fielen sie nicht hin, sondern sahen einen mit Blicken an, die noch immer, wenn auch nur aus der Ferne, überzeugten! Und ihre Mittel waren stets die gleichen: Sie stellten sich vor uns hin, so breit sie konnten; suchten uns abzuhalten von dort, wohin wir strebten; bereiteten uns zum Ersatz eine Wohnung in ihrer eigenen Brust, und bäumte sich endlich das gesammelte Gefühl in uns auf, nahmen sie es als Umarmung, in die sie sich warfen, das Gesicht voran.
Und diese alten Späße hatte ich diesmal erst nach so langem Beisammensein erkannt. Ich zerrieb mir die Fingerspitzen aneinander, um die Schande ungeschehen zu machen.

Mein Mann aber lehnte hier noch wie früher, hielt sich noch immer für einen Bauernfänger, und die Zufriedenheit mit seinem Schicksal rötete ihm die freie Wange.
»Erkannt!« sagte ich und klopfte ihm noch leicht auf die Schulter. Dann eilte ich die Treppe hinauf, und die so grundlos treuen Gesichter der Dienerschaft oben im Vorzimmer freuten mich wie eine schöne Überraschung. Ich sah sie alle der Reihe nach an, während man mir den Mantel abnahm und die Stiefel abstaubte. Aufatmend und langgestreckt betrat ich dann den Saal.

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